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Fabian Fritzsche – Monsieur Hollandes Wunsch nach Abwertung und die Reaktion der deutschen Ökonomenzunft

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Anfang des Monats forderte der französische Präsident Hollande eine aktive Wechselkurspolitik, um den Euro vor „irrationalen Bewegungen“ zu schützen. Obwohl Hollande nicht explizit von einer gezielten Abwertung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gesprochen hat, war klar, worauf der Vorstoß abzielte.

Über eine gezielte Schwächung des Euro-Wechselkurses gegenüber den Währungen der Handelspartner soll die Handelsbilanz der Eurozone verbessert und so das Wirtschaftswachstum belebt werden. Erwartungsgemäß stieß dieser Vorschlag auf breite Ablehnung insbesondere bei deutschen Ökonomen und Politikern.

Tatsächlich lassen sich gute Argumente gegen einen solchen Vorschlag finden. Die Leistungsbilanz der Eurozone insgesamt ist ausgeglichen, der Euro-Wechselkurs weist demnach also keine „irrationale Bewegung“ auf, sondern spiegelt die tatsächliche wirtschaftliche Stärke wider. Die mit einer Abwertung einhergehende Verbesserung der Handelsbilanz, die das Wachstum der Eurozone stärken soll, würde zudem für unsere Handelspartner genau gegenteilig wirken, das Wirtschaftswachstum dort also verschlechtern. Selbst wenn man bereit ist, dies in Kauf zu nehmen und zu Lasten befreundeter Volkswirtschaften zu wachsen, sollte mit entsprechenden Gegenreaktionen gerechnet werden. Darüber hinaus würde eine solche Politik zwar möglicherweise zu einer verbesserten Handelsbilanz der südeuropäischen Länder führen, die größten Zuwächse entfielen jedoch vermutlich auf das Land, welches bereits beim aktuellen Wechselkurs riesige Exportüberschüsse erwirtschaftet, also auf Deutschland. Der Preis für eine leichte Verbesserung in der Peripherie wäre dann ein stärkeres Ungleichgewicht für Deutschland. In einer anderen wirtschaftlichen Situation könnte ein Wechselkursziel zudem im Konflikt stehen mit dem Ziel der Preisniveaustabilität.

Die Liste der Gegenargumente ließe sich vermutlich noch fortsetzen, doch interessant ist die Reaktion vieler deutscher Ökonomen auf den französischen Vorschlag. Das wohl meistgenannte Argument lautet, dass dies ein politischer Eingriff in den Markt wäre. Das ist richtig, genau das ist es und soll es nach französischem Wunsch auch sein. Ein Eingriff in den Markt wäre also schlecht, weil es ein Eingriff in den Markt wäre; kein sehr rationales Argument. Weiter wurde angeführt, eine solche Politik würde zu Verzerrungen führen, was zwar sein kann, doch begründet Hollande seinen Vorschlag explizit mit einer schon vorhandenen bzw. drohenden Verzerrungen für die Realwirtschaft durch den (Finanz-) Markt. Die Möglichkeit, dass eine Verzerrung durch den Markt vorliegt, wird aber offenbar von vielen deutschen Ökonomen ausgeschlossen. Natürlich darf auch der Hinweis nicht fehlen, dass der leichte Weg der Abwertung den besseren Weg der mühsamen Strukturreformen konterkariere. All diesen Argumenten liegt offenbar die Überzeugung zugrunde, der aktuelle vom Markt bestimmte Wechselkurs sei der „richtige“ und „wahre“ Wechselkurs, so als hätte der Markt immer Recht, als gäbe es die Währungsmanipulationen der asiatischen Notenbanken oder den festgeschrieben Wechselkurs etwa des Schweizer Frankens nicht und natürlich auch sonst keine Geldpolitik, die letztlich immer irgendwie auch auf die Wechselkurse wirkt.

Wie dargestellt, gibt es handfeste ökonomische Gründe gegen eine aktive Wechselkurspolitik. Viele deutsche Ökonomen argumentieren jedoch nicht ökonomisch, sondern dogmatisch und setzen die perfekte Funktionsfähigkeit des Marktes voraus. Unter dieser Annahme ist selbstverständlich jeder Eingriff schädlich. Wer einen perfekten Markt jedoch für realistisch hält, sollte sich besser aus der Politikberatung raushalten und sich nur um theoretische Modelle kümmern. Alle anderen hingegen sollten das Für und Wider rational abwägen. Insbesondere in einer Welt, in der andere Notenbanken aktiv versuchen, den Wechselkurs zu beeinflussen, könnte tatenloses Zusehen negative Folgen für die Eurozone mit sich bringen.



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